Winterlinge (Foto: Bruhn)

Wort zur Woche: "Sehnsucht nach Wärme"

18.02.2022

Wort zur Woche von Michael Bruhn, Bibelzentrum Schleswig

Winterlinge sind ihrem Namen zum Trotz leuchtend gelbe Boten der wärmenden Frühlingsonne. Ich sehne mich insgesamt nach Wärme: Nicht nur äußere, sondern auch zwischenmenschliche. Beziehungen sind abgekühlt – vernünftige Distanzierung und ungehemmte Geselligkeit lassen sich halt schwer vereinen –, da überzeugen mich auch keine Spaziergänge der wenigen Andersdenkenden. Diese Kälte nagt am liebevollen Miteinander genauso wie am gesellschaftlichen. Auch international ist der eiskalte Hauch zu spüren, der von Moskau in unser Land und unsere Herzen dringt. Und ich frage mich angesichts des morgigen Predigttextes, welche Saat da aufgeht? Das Gleichnis vom Sämann führt einleuchtend vor Augen: Reiche Frucht kann nur gedeihen, wenn Saat auf gute Erde fällt. Unter den schnell wachsenden Dornen wird sie erstickt. Auf felsigem Grund gibt es zu wenig Nährstoffe und auf festgefahrenen Wegen dient die Saat nur als Vogelfutter. 

Was aber ist der gute Boden, auf dem Saat fruchttragend aufgeht? Ich bin fest davon überzeugt, dass es der Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung ist. Leben wird auf ihm möglich und durch ihn geschützt. Ganz anders als auf den braunen, alten Pfaden, die wir nie wieder als Nährboden nutzen sollten. Auch wild ins Kraut schießende, abstruse Ideen verhindern langfristig gedeihliches Miteinander. Vielleicht ist die fruchtbringende Saat, die am ehesten auf diesem guten Boden wächst, die Nächstenliebe. Sie findet allerdings ihre Grenze, wo Egoismus und Selbstgefälligkeit andere aus den Augen verliert. Vielleicht sollten wir versuchen, als „Lieblinge“ menschliche Wärme zu verbreiten, die im anderen Liebenswertes entdecken und so Boten eines neuen Miteinanders werden.