
Demokratie stärken
14.02.2025
„Demokratie stärken. Dein Kreuz für Vielfalt und Toleranz.“ So steht es auf einem Banner, dass zurzeit an den Kirchen in Nübel, Thumby, Struxdorf, Tolk und Brodersby hängt. Es hängt dort, weil wir uns als Kirche Sorgen machen um die Zukunft unserer Gesellschaft.
Demokratie ist nichts Selbstverständliches. Sie kann enden, wenn wieder Menschen die Macht bekommen, denen nur die eigene Freiheit wichtig ist. So wie bei uns 1933. So wie davor und danach in vielen Ländern dieser Welt. Wir haben es vielleicht vergessen: Aber die Demokratie ist ein sehr empfindliches Gewächs.
„Demokratie stärken“ – dagegen wird wahrscheinlich niemand etwas haben. Und tatsächlich sagen das auch die Populisten. Sie rufen auf Marktplätzen: „Wir holen uns die Demokratie zurück!“. Sie bezeichnen die traditionellen Parteien als „Demokratiezerstörer“. Da könnte man glauben, dass ihnen die Demokratie am Herzen liegt. Doch der Schein trügt.
Wenn die Rechtspopulisten von „Demokratie“ reden, meinen sie etwas anderes als das, was lange Zeit unsere Bundesrepublik geprägt hat. Sie klagen, dass die „Eliten“ den Kontakt zum „Volk“ verloren haben. Dass „Politik gegen das Volk“ gemacht wird. Obwohl „Demokratie“ übersetzt doch „Volksherrschaft“ heißt!
Aber was ist das „Volk“? Besteht das Volk aus „Normaldeutschen“, die aus einer normalen Familie kommen? Einen normalen Beruf haben? Normal denken und sprechen? Normal glauben und lieben? Was ist „normal“? Ein Volk ist immer mehr als eine Norm. Und wer versucht, alles in eine Norm zu pressen, verbiegt Menschen. Verachtet Menschen. Tötet Menschen.
In der Demokratie geht die Macht vom Volk aus. Ich bin das Volk. Und der, der ganz anders tickt als ich – auch er ist das Volk. Die Macht, dieses Land zu gestalten, ist uns allen gegeben. Wir müssen miteinander klarkommen. In Vielfalt und in Toleranz.
Demokratie ohne Toleranz wäre die Diktatur einer Mehrheit, die mit ihrer Macht unliebsame Minderheiten unterdrückt. Darum kann Intoleranz in einer Demokratie nicht toleriert werden. Und eine Partei, die die Menschenrechte von Minderheiten beschneidet, kann nicht unsere Unterstützung haben.
Als Kirche können wir nicht schweigen, wenn Menschen unsere Demokratie verengen wollen. Jesus von Nazareth hat nicht gefragt, wie „normal“ ein Mensch war. Wie angepasst, wie angesehen. Gott hat ein weites Herz. Beten wir, dass unser Herz nicht eng werde durch die Angst, die überall lauert. Beten wir für Toleranz und Vielfalt. Damit stärken wir die Demokratie.
Hanno Jöhnk
PREDIGT ZUM BARMHERZIGEN SAMARITER (LUKAS 10, 25.37)