Der Löwentöter Taufstein

Das älteste und wertvollste Kunstwerk in der St. Laurentius Kirche zu Munkbrarup ist die Taufe aus Granit. Der Stein wurde von einem Meister der Schleswiger Granitbauhütte um 1200 hergestellt. Andere Quellen berichten von einer größeren Steinmetzschule auf Gotland. Dieser Meister schuf in sehr persönlicher Auffassung die mächtige Granittaufe. Ein ähnlicher, sehr urtümlicher Stein wohl aus der gleichen Werkstatt steht in der viel größeren St. Johanneskirche auf Föhr / Nieblum – dem Friesendom. Beide sind Zeugnis nicht nur kunsthistorischer Höchstleistung sondern zugleich auch der dynamischen Entwicklung des dänischen Kirchenbaues im 12. und 13. Jhd., der sich des hier vorkommenden rötlichen Granit bei Steinen und Kunstwerken reich bediente.

Im Gebiet des alten Bistum Schleswig stammen 85 % aller Kirchen (184) aus der romanischen Zeit, 100 davon mit Taufsteinen aus Granit – in der Regel ohne Relief. Häufig wird der Löwe als Motiv verwendet, bspw. auch mehrfach am Schleswiger Dom ( erstmals 1134 erwähnt). Oft befindet er sich im Kampf mit dem Menschen, symbolisiert also das Böse, gegen das der Mensch im Kampf bestehen muss. Viele Motive des Schleswiger Domes finden sich in den Dorfkirchen Angelns ( Ulsnis, Munkbrarup, Satrup, Sterup ) wieder, was dafür spricht, dass sie aus der gleichen Steinmetzwerkstatt stammen.

Die Munkbraruper Kirche ist 1899 und dann wieder 1936 zu ihrer ursprünglichen klaren Form umgebaut worden. Viele alte Zeugnisse sind verschwunden oder nur versteckt zu finden – nicht so der Taufstein. In früheren Jahren stand er in der Mitte der Kirche, so dass jeder Kirchgänger ihn passieren und sich mit Wasser benetzen konnte. Zur Taufe wurde der Täufling zur Gänze eingetaucht – im Winter in der unbeheizten Kirche ein gewagtes Unterfangen. Heute steht er erhöht im Altarraum und wird versehen mit einer Wasserschale ausschließlich für Taufen genutzt.

Hauptmotiv ist wiederum der Kampf des Menschen gegen das Böse in der Gestalt des Löwen. In urtümlicher Dramatik kämpfen vier Männer mit einem riesigen Löwen. Aber fangen wir mit dem Fuß an. Im Gegensatz zu dem schlichten Fuß der Nieblumer Granittaufe sind hier an den vier Ecken gegenständliche Darstellungen aus dem Stein gehauen. Zu finden sind Löwenkopf, hockender Mensch, aufgeregter Mensch mit hoch erhobenen Armen und zwei kleine Figuren.

Darüber erhebt sich der kreisrunde Schaft, geschmückt durch eine Arkade mit 13 runden Bögen. Er trägt die „Kuppa“ mit aussen angebrachter Kampfszene als Relief.

Auf dreiviertel der Rundung wird die Kampfszene des springenden Löwen mit vier Männern dargestellt - einen davon bereits halbwegs im Maul. Aber der Mann stößt gleichzeitig sein Schwert unter den Pranken hindurch in die Brust des Löwen.

Hilfe bekommt er von einem Kampfgefährten, der sich von hinten dem Löwen nähert und sein Schwert von oben in die Lende des Löwen sticht.

Und ein dritter Kämpfer eilt aus den Sträuchern herbei und stößt dem Löwen sein Schwert ins Haupt.  Der vierte Kämpfer in langem Gewand alarmiert wohl weitere zur Hilfe bereite Menschen, denn er bläst ins Hifthorn. Der Kampf gegen das Böse braucht also viele Mitwirkende, dann kann er gewonnen werden. Durch den siegenden Christus, in dessen Namen getauft wird, besteht die Hoffnung auf Auferstehung und das ewige Leben.

Aber auch der Herrscher spielt seine Rolle, ihm ist das weitere Viertel des Reliefs gewidmet. Über einer Zinnenmauer (mit vier Rundbögen) seines romanischen Palastes und unter einem großen Rundbogen steht der Gekrönte mit dem Schwert wehrhaft in der linken Hand. Die Rechte ist zum Schwur erhoben. Unter einem weiteren Rundbogen daneben wächst ein Palmenbaum. Diese beiden Bilder können als der Lebensbaum gedeutet werden – das alte Symbol der Auferstehung und des ewigen Lebens – und als Christus.

Das Böse droht auch hier – zwischen den Rundbögen lugt oben hämisch ein Dämonenkopf hervor.

Es lohnt sich also beim nächsten Kirchenbesuch einmal um den Taufstein aus rötlichem Granit herum zu gehen und sich die Arbeit des Schleswiger Steinmetzen genauer anzusehen.