Foto: Jörg Jeske

Kleine Auszeit: "Die Tür offen halten"

11.10.2024

Kleine Auszeit von Pastor Jörg Jeske, Arbeitsstelle Konfirmandenarbeit

Lesen Sie Zeitung? Ach ja, natürlich. Auch die Leserbriefe? Manchmal reibe ich mir die Augen. Will ich das lesen? Diese pauschalen Beleidigungen und Unwahrheiten gegen „die Politiker“ oder das „System“. Diese selbstgefällige Aufgeregtheit einiger, meine Güte.

Online ist es noch viel schlimmer! Auch wenn ich nicht zu dem „System“ gehöre (ich schwöre!), habe ich doch eine politische Meinung und werde wütend. Dagegen argumentieren habe ich nach anstrengenden Erfahrungen im eigenen Freundeskreis aufgegeben. Bringt nix, du wirst „geblockt“, Ohren bleiben dicht. Bleibt nur der Gegenblock und Ärgern.

Da stolpere ich über das Jesuswort aus dem LukasEvangelium, Kapitel 6: „Segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen.“ Anmaßend und realitätsfern, Jesus halt, typisch Bibel. Ich soll ihnen mit Liebe begegnen, den Dumpfbacken. Entschuldigung, das war jetzt unpassend, ich versuche es neu: Den „Andersdenkenden“, meinte ich. Ich mag es bescheuert finden, aber es scheint segensreich und tatsächlich notwendig für unser Land, für mich als Demokrat und für uns als Christenmenschen allzumal: Die Ursachen der Pöbeleien  suchen. Mit Anstand einander begegnen, und sei es einseitig.

Die Tür offen halten. Bewundernswert, wenn Politiker – Profis wie Kommunalpolitiker im Ehrenamt - anständig bleiben, nicht einstimmen ins Geschrei, durch- und dagegen halten bei all den Beschimpfungen der … Andersdenkenden. Unfassbar anstrengend, aber überlebensnotwendig, wenn der Hass nicht den Segen besiegen soll.

Wohl gibt es Grenzen. Was ich mir auch und gerade als Christenmensch bewahre: Ich will Lüge weiterhin auch Lüge nennen und Hetzer Hetzer. Und, falls meine Gedanken Sie jetzt verärgert haben: Willkommen im Club. Dann strengen wir uns mal beide an.