
Kleine Auszeit: "Geist(er)fahrerin"
11.04.2025
Kleine Auszeit von Pastorin May-Britt Johannsen, ev. Luth. Kirchengemeinden Adelby-Engelsby
500 Milliarden Euro sollen innerhalb der nächsten zehn Jahre in die bundesdeutsche Infrastruktur investiert werden. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub hätte gerne, genau wie ich, bessere Fahrradwege. Passend dazu habe ich etwas zu beichten und lege hiermit ein öffentliches Geständnis ab: In mir steckt eine Verkehrssünderin. Vor kurzem passierte mir folgendes: Ich bin mit dem Fahrrad auf der falschen Seite in die entgegengesetzte Fahrtrichtung gefahren. Eine Geisterfahrerin. Auch mein Tempo war wohl etwas übertrieben. Da haut es einen Mann von seinem E-Roller und er landet im Gebüsch. Er war auf der richtigen Spur, ist mir ausgewichen, damit es nicht zum Crash kommt. Immerhin ist er nicht verletzt. Er staucht mich so richtig zusammen und brüllt mich an: „Ich zeig‘ Sie an! Ich zeig‘ Sie an!“ Ich sage: „Bitte zeigen Sie mich an. Sie haben Recht.“ Er sagt: „Das machen Sie doch nicht zum ersten Mal!“ Ich sage: „Stimmt. Ich mache es oft. (So wie viele andere auch, aber das ist ein anderes Thema) Wenn ich auf der richtigen Seite fahre, hole ich mir einen Platten. Der andere Weg ist zu kaputt. Bitte zeigen Sie mich an.“ Fassungslos blickt er mich an und sagt: „Versprechen Sie mir, dass Sie nie wieder auf der falschen Seite fahren?“ Ich sage: „Ja.“ Fehler machen und sie erkennen, sich die Wahrheit eingestehen und es danach anders machen. Die christliche Tradition hat dafür große Worte: Sünde, Buße, Umkehr. Neues Sein - Große Worte. Sie können so alltäglich sein. Der Mann hat mich nicht angezeigt. Weil ich ehrlich war. Seitdem fahre ich auf der richtigen Seite - zumindest wann immer die Infrastruktur es mir einigermaßen erlaubt!