Wort zur Woche: "Jungfrau Maria???"

02.12.2022

Wort zur Woche von Pastorin Anne Vollert, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Süderbrarup

Kennen Sie jemanden, der durch und durch unschuldig ist? Ich nicht! Menschen sind doch erst dann interessant, wenn eine Geschichte haben, in der nicht immer alles glatt und vorhersehbar gelaufen ist. 

In der Bibel gibt es einige von diesen schillernden Persönlichkeiten, z.B. Jakob, ein Gauner und Betrüger, den Gott trotzdem zum Stammvater Israels machte. Und auch Marias Leben ist alles andere als oberflächig oder seicht. Sie war eine kämpferische Frau mit revolutionären und rebellischen Gedanken. Zu finden in ihrem Lobgesang, dem „Magnificat“. Sie besingt darin, wie die Reichen und Stolzen von ihren Thronen gestürzt werden. Sie glaubt an ein gerechtes Leben, in der die Armen ihren Lohn bekommen und die Überheblichen leer ausgehen. Ein ungewöhnliches Bekenntnis. 

Maria muss stark gewesen sein: Die Umstände ihrer Schwangerschaft -undurchsichtig. Die Flucht gleich nach der Geburt ihres Kindes - strapaziös. An Abgründen mangelt es nicht in ihrer Lebensgeschichte.

Außerdem musste sie an Leib und Seele aushalten, dass sie keineswegs Herrin über ihr eigenes Leben war. Vieles geschah ihr, was sie erst im Nachhinein deuten konnte. Was sie ausmachte, war also weniger ihre Unschuld als vielmehr die Fähigkeit, nicht in den Abgrund von Zweifel und Verzweiflung zu fallen. Blaise Pascal schrieb: „In jedem Menschen ist ein Abgrund. Den kann man nur mit Gott füllen“ 

Hier scheint die Kraft der Maria zu liegen. Sie hat es geschafft, die Abgründe ihres Lebens mit Gott zu füllen. Damit hat sie eine Brücke gebaut, über die wir auch laufen können. Diese Brücke besteht aus dem Vertrauen, dass Gott jedem Leben einem Sinn gibt. Den verstehen wir manchmal erst, wenn wir so mutig sind, Schritt für Schritt die Abgründe zu überqueren und am Ende zurücksehen.