Glaubens-ABC: R

Rechtfertigung

Was gibt dem Menschen Selbstwertgefühl? Viele werden darauf antworten: "Der Job, den einer hat." Oder: "Dass ich etwas leiste." Oder: "Dass ich gesund bin." Leben wird als sinnvoll und lebenswert empfunden, wenn einer einen Arbeitsplatz und Erfolg im Beruf hat. Was aber, wenn einer trotz intensivster Bemühungen keine Lehrstelle findet, einer arbeitslos oder krank wird, wenn eine Freundschaft oder Ehe zerbricht? Was mache ich, wenn ich merke, dass meine Pläne nicht aufgehen? Bin ich dann wertlos? Die biblische Botschaft von der Rechtfertigung fordert uns auf, mit den Augen Gottes zu sehen. Wir sind mehr als die Summe unserer Taten - und unserer Untaten. Unsere Würde ist uns von Gott gegeben. Sie muss nicht erst hergestellt oder gar verdient werden.

Beim Thema "Rechtfertigung" geht es um die Beziehung zwischen Gott und Mensch, nicht um das, was der Mensch tut oder tun muss, sondern um das, was Gott getan hat. Martin Luther hat die Frage gequält: "Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" Dem modernen Menschen mag dies kaum eine Überlegung wert sein, schon eher dagegen die Sinn-Frage. Doch auch dieses Thema hat mit Gott zu tun. So sieht es jedenfalls der Glaubende. Im Lichte der Bibel weiß er, dass er den Sinn seines Lebens nicht herstellen, sondern nur dankbar empfangen kann - von Gott. Allein dadurch, dass der Mensch auf Christus vertraut, ist er vor Gott gerecht (angenommen) - ohne seine Taten. Das war Luthers Entdeckung, als er sich mit dem Römerbrief des Apostels Paulus (3, 28) beschäftigte. Rechtfertigung und Gott in Verbindung zu bringen, leuchtet heute nicht auf Anhieb ein. Sich selbst rechtfertigen ist dagegen eine vertraute Aufgabe: Gründe für mein Handeln anzuführen, mich von Vorwürfen rein zu waschen. Der Glaubende lebt in der Erwartung, auch vor Gott einmal Rechenschaft ablegen zu müssen. Da mag man auf eigene Verdienste pochen, aber menschliches Tun und Lassen ist ambivalent. Oft müssen wir Kompromisse eingehen, können nur zwischen zwei Übeln wählen.

Von Gott gerechtfertigt zu sein, heißt nicht, dass ich die Hände in den Schoß legen kann. Ganz im Gegenteil: Wer weiß, dass Gott schon alles zu meinem Heil getan hat, kann sich umso engagierter einem anderen Menschen oder einer Sache zuwenden. Glaube und Handeln gehören untrennbar zusammen.


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